Was macht eigentlich ... eine Kuratorin?

Kuratorin Dr. Karoline Feulner bei einer Kurzführung

Was macht eigentlich eine Kuratorin, wenn sie gerade keine Ausstellung konzipiert? Diese und weitere Fragen hat uns Dr. Karoline beantwortet, die nicht nur Kuratorin am Landesmuseum ist, sondern auch die Verantwortliche für das Max-Slevogt-Forschungsprojekt.

Frau Dr. Feulner, Sie bereiten gerade die nächste Sonderausstellung zu Max Slevogt vor. Was macht Ihnen in der Ausstellungsvorbereitung besonders viel Spaß, was sind die Herausforderungen?

Die Ausstellung „Hexenküche – Max Slevogts druckgrafische Experimente“ zeigt weitgehend unveröffentlichte Druckgrafiken, die aus dem grafischen Nachlass von Max Slevogt stammen. Thema der Ausstellung ist die Künstlergruppe SPOG (benannt nach den Anfangsbuchstaben der vier Mitglieder: Max Slevogt, Bernhard Pankok, Emil Orlik und Josef Grünberg), die sich um 1920 formierte und gemeinsam experimentierte.

Der grafische Nachlass von Slevogt umfasst 1000ende von Druckgrafiken – daher war es äußerst spannend, das bisher unbearbeitete Material zu diesem Thema zu sichten und eine Auswahl zu treffen. Es ist einzigartig, dass in unserem Bestand nicht nur die Druckgrafiken selbst, sondern auch eine Vielzahl der Druckplatten erhalten sind. Diese waren für mich der Schlüssel, um die verwendete Technik herauszufinden und dadurch die druckgrafischen Experimente zu rekonstruieren bzw. zu verstehen.

Darüber hinaus haben wir ein umfangreiches Briefkonvolut in der Sammlung, das die Experimente dieser Gruppe immer wieder zum Thema hat und einzelne Grafiken erwähnt, die ich daraufhin identifizieren konnte. Zu guter Letzt komplettierte die umfangreiche Grafiksammlung von Josef Grünberg dieses Material – dort sind u.a. zahlreiche Mappen mit speziellen Widmungen von Slevogt erhalten geblieben, die die enge Freundschaft beider dokumentieren. Somit haben sich im Laufe der Ausstellungsvorbereitung zahlreiche Puzzleteile zusammengefügt, die ein umfangreiches Gesamtbild dieser Experimente und des engen Verhältnisses der vier Protagonisten im Berlin der Weimarer Republik untereinander ergeben haben. Das ist wirklich äußerst faszinierend und zeigt eine völlig neue Facette von Max Slevogt.

Brief Slevogts mit Zeichnung

Gleichzeitig arbeiten Sie an einem langfristigen Forschungsprojekt, der Aufarbeitung des Nachlasses von Max Slevogt und der Erstellung eines Catalogue Raisonné. Wie gehen Sie dabei vor und mit wem arbeiten Sie zusammen?

Ja, seit ich vor wenigen Jahren an das Landesmuseum Mainz kam, wurde Max Slevogt zu einem meiner großen Schwerpunkte. Denn hier befindet sich ein absolut einzigartiger Bestand! Dies war auch der Grund dafür, das Max Slevogt-Forschungszentrum am Museum zu gründen. Um diese Fülle an Material auszuwerten und wissenschaftlich zu bearbeiten, braucht es eine Vielzahl von Wissenschaftlern, daher haben wir uns mit Kooperationspartnern zu dem Forschungszentrum zusammengeschlossen. Dies sind das Institut für Kunstgeschichte und Musik der die Johannes Gutenberg-Mainz, die Landesbibliothek in Speyer/ LBZ (dort befindet sich der schriftliche Nachlass) sowie eine Expertin aus dem Saarlandmuseum Saarbrücken, welche die einzige ist, die Slevogts Handschrift entziffern kann. Sie hat für die Sonderausstellung „Hexenküche“ auch eine kommentierte Briefedition verfasst, die im Ausstellungskatalog erstmals veröffentlicht wird. Das ist ein großartiges Team! Gemeinsam haben wir das Erstellen eines Catalogue Raisonné als Langzeitziel geplant. Dies ist in der Slevogt Forschung ein absolutes Desiderat und zugleich eine große Herausforderung, denn Slevogt war ein sehr produktiver Künstler.

Wir arbeiten nun schon seit einigen Jahren zusammen und haben beispielsweise bereits zwei Tagungen, die einen frischen Blick auf die aktuelle Slevogt Forschung geworfen haben, ausgerichtet. Der Tagungsband der zweiten Tagung erscheint in den nächsten Wochen.

Ich selbst arbeite, soweit es meine verschiedenen anderen Aufgaben und Projekte am Museum zulassen, am Band des Catalogue Raisonné der Gemälde. Die wichtigste Grundlage hierfür sind Slevogts handschriftliche Bilderlisten, in welchen er notierte, wann er welche Gemälde gemalt hat und wer der Erstbesitzer war. Leider gibt es verschiedene dieser Listen, die alle voneinander in Details abweichen – Slevogt war kein guter Buchhalter. Die Angaben werden alle in unserer Datenbank gesammelt und stets durch weitere Quellen, Publikationen, Auktionskataloge etc. ergänzt. Auch die Provenienzen werden ergänzt bzw. recherchiert. Wir haben aber auch zahlreiche Vorstudien, Skizzen und Zeichnungen zu Gemälden im Bestand, auch diese müssen alle identifiziert und den nachgewiesenen Gemälden zugeordnet werden. So können wir auch mehr über den Arbeitsprozess von Max Slevogt in Erfahrung bringen. Ich bin immer noch jeden Tag fasziniert, wie kreativ und phantasievoll Max Slevogt war und begeistert von diesem Forschungsprojekt, das immer wieder zahlreiche neue Erkenntnisse offenbart.

Hängeplan für die Ausstellung "Hexenküche"

Wie hängen diese beiden Tätigkeiten zusammen? In welcher Weise ergänzen Sie sich?

Beide Tätigkeiten ergänzen sich hervorragend. Aber es ist eher ein Sonderfall, dass ich aktuell auch an einer Ausstellung zu Max Slevogt arbeite. Beispielsweise verwendete er Motive, an denen er gerade an Buchprojekten arbeitete, auch für seine druckgrafischen Experimente mit der Künstlergemeinschaft SPOG. Oder es ergaben sich neue Informationen durch die Auswertung des edierten Briefwechsels und natürlich ganz viele neue biografische Erkenntnisse seines engen Netzwerkes – das alles fließt in das umfassende Projekt des Catalogue Raisonné mit ein.

Arbeitsplatz einer Mitarbeiterin

Was macht ein Kurator, wenn er gerade keine Ausstellung plant?

Ich leite die Abteilung der Gemälde und Skulpturen ab dem Jahr 1500 bis zur Gegenwart. Da ist immer viel zu tun, sei es wissenschaftliche Anfragen zu bearbeiten oder sich auch um Kostenpläne, Ausschreibungen, Leihanfragen etc. zu kümmern. Auch die Vermittlung durch Führungen oder durch unsere Online Videoformate nimmt selbstverständlich einen großen Platz in meinem Alltag ein.
Am Landesmuseum Mainz ist gerade eine sehr spannende Zeit, da wir die inzwischen veraltete Dauerausstellung in den nächsten Jahren neu konzipieren werden. Hier freue ich mich schon sehr, dass ich mich intensiv mit dem eigenen Bestand beschäftigen darf. Und auch unsere Außenstelle Schloss Villa Ludwigshöhe mit der Max Slevogt-Galerie, die ich durch Ausstellungen inhaltlich betreue, wird nach der umfassenden Sanierung bald wieder eröffnet werden. Auch hier freue ich mich schon sehr darauf! Dass mein Beruf so abwechslungsreich ist und ich mich vor allem mit so vielen verschiedenen Themen und Aufgaben beschäftigen darf, ist ein großes Glück.